Jerseystoffe sind in alle Munde und mit Sicherheit die am meisten genähten Stoffe überhaupt. Aber wenn man Begriffe wie Viskosejersey, Romanit oder gar Punto di Roma hört, fragt man sich unweigerlich: was genau ist das denn nun? In diesem Artikel erklären wir Dir die wichtigsten Jerseystoffe und ihre Eigenschaften.
Allgemeines über Jerseystoffe
Ganz einfach zu erklären ist der Name Jersey. Er leitet sich vermutlich von der britischen Kanalinsel Jersey ab, die schon seit dem Mittelalter bekannt für ihre Strickwaren und ihre Wollprodukte war. Die Insel ist auch auf dem Titelbild dieses Artikels zu sehen. Im 19. Jahrhundert trug die viktorianische Schönheit und Society-Dame Lillie Langtry durch ihren damals sehr angesagten Modestil zur Popularität dieser Exportschlager ihrer Heimat bei. Richtig bekannt gemacht hat das Material dann später Coco Chanel mit ihren Kollektionen und so trat der Stoff seinen Siegeszug in der Mode- und Nähwelt an.
Richtig kompliziert wird es aber, wenn man weiß, dass es viele verschiedene Jerseys gibt, die ihren Namen einerseits durch die Herstellungsart und andererseits durch das verwendete Material erhalten. Die totale Verwirrung erlebt man dann, wenn Hersteller diese Begriffe beliebig austauschbar einsetzen oder das gleiche Material mehrere Namen trägt. Wir versuchen hier einmal Licht ins Dunkel zu bringen.
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Welche Herstellungsarten für Jerseystoffe gibt es?
Es lohnt sich, einmal genauer hinzusehen, wie Jersey hergestellt wird. Alleine dadurch ergeben sich viele Materialunterschiede, die auch die Eigenschaften des Stoffs bestimmen. Alle Jerseys gehören zu den sogenannten Maschenwaren, die entweder gestrickt oder gewirkt werden. Der Unterschied ist, dass beim Stricken ein horizontaler Faden eine Maschenreihe bildet, während beim Wirken ein vertikaler Faden zusammen mit dem benachbarten Faden ein sogenanntes Maschenstäbchen bildet. Gewirkte Stoffe können ausschließlich maschinell hergestellt werden.
Single-Jersey
Der Single-Jersey oder auch Tricot-Stoff ist die verbreitetste Jersey-Art. Sie wird mit einer Nadelreihe in einer Strickmaschine hergestellt und hat daher auch zwei Seiten für jeweils die linken und die rechten Maschen. Das macht den Stoff dehnbar, aber leider auch empfindlich für Laufmaschen. Eine weitere typische Eigenschaft, die besonders Nähanfänger nervt, ist das Aufrollen der Schnittkanten. Nähte und Säume sollte man daher immer gut sichern.
Double-Jersey
Der Double-Jersey ist in der Regel Rechts-Rechts gestrickter oder gewirkter Jersey (wobei es auch Links-Links-Varianten gibt). Dadurch ergibt sich auf beiden Seiten das gleiche Maschenbild, er ist also auf beiden Seiten gleich. Erst wenn man ihn dehnt, erscheinen die linken Maschen unter den rechten. Ein typisches Beispiel für Double-Jersey ist der Feinripp. Das macht den Stoff robuster und hochwertiger als Single-Jersey.
Interlock-Jersey
Wenig elastisch ist der an zwei Nadelreihen gestrickte Interlock-Jersey. Auch er hat zwei gleiche Seiten und eine geschlossene Oberfläche, die dadurch entsteht, dass im Prinzip zwei Lagen miteinander verbunden werden (interlock). Das Material ist dadurch sehr stabil und lässt sich auch extrem gut verarbeiten.
Jacquard-Jersey
Jacquard wird in mit Maschinen hergestellt, die dem Stoff durch verschiedene Varianten der Bindung eine Strukturmusterung geben. Der Hersteller kann hier sehr kreativ sein und Jacquard-Jersey gibt es daher in vielen tollen Designs mit interessanten Optiken. Der Stoff wirkt dadurch sehr hochwertig und edel.
Cloqué-Jersey
Eine weitere Herstellungsart, die zu Strukturen im Stoff führt, ist der Cloqué-Jersey bei dem zwei unterschiedliche Lagen miteinander verstrickt werden. Die besondere Optik entsteht dadurch, dass die Unterware sehr straff und die Oberware eher locker gespannt ist. Durch das verwendete Garn zieht sich die untere Lage zusammen und wirft die obere Lage blasenartig auf. Es entsteht so ein schöner, edler Effekt.
Welche Materialien verwendet man für Jerseystoffe?
Wem die verschiedenen Herstellungsarten noch nicht kompliziert genug waren, der kann sich nun freuen, dass es auch ziemlich viele Materialien gibt, aus denen Jersey hergestellt wird. Aus Herstellungsart und Materialzusammensetzung ergeben sich so zahllose Möglichkeiten. Im Handel werden die Stoffe häufig mit der Materialbezeichnung verkauft. Ein Baumwolljersey kann also Single-Jersey oder Double-Jersey sein. Hier informiert man sich am besten vor dem Kauf genau.
Baumwolljersey oder Stretch-Jersey
Die am häufigsten verwendete Bezeichnung Baumwolljersey beschreibt in der Regel Single-Jerseys die zwar aus Baumwolle bestehen, der aber 3-5% Elasthan beigemischt wurde. So sind die Stoffe besonders elastisch und werden daher seltener auch als Stretch-Jersey verkauft. Diese Stoffe machen den Großteil eines Sortiments in einem Stoffladen aus und wenn man zum Beispiel bedruckte Kinderstoffe kauft, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es sich um einen Jersey dieser Art handelt.
Verwendet für: Kinderkleidung, T-Shirts, Pullover, Sportkleidung, Alltagskleidung
Reiner Baumwolljersey
Jetzt wird es richtig kompliziert, denn neben den oben genannten Baumwoll-Elasthan-Gemischen gibt es auch Jersey aus reiner Baumwolle! Die Dehnbarkeit kommt dann ausschließlich über die Bindung. Um sie von den auch als Baumwolljerseys vermarkteten Stretch-Jerseys zu unterscheiden, werden sie im Handel meist mit Bezeichnungen wie „Reiner Baumwolljersey“ oder „100% Baumwolle“ gekennzeichnet. Aus Baumwolljerseys sollte man eher weit fallende Sachen nähen, da das Material ausbeult. Ein Vorteil ist die Eignung für Allergiker.
Verwendet für: weite Kleidung, Unterwäsche
Viskosejersey
Viskose ist entgegen vieler Gerüchte keine reine Kunstfaser, sondern ein industriell hergestelltes Produkt aus natürlicher Cellulose. Es ist der Baumwolle sehr ähnlich, fällt aber etwas schwerer. Viskosejerseys enthalten in der Regel neben der Viskose auch einen Elasthan-Anteil.
Verwendet für: Leichte Kleider, schön fallende Shirts und Tops, feminine Kleidung
Romanit Jersey / Punto di Roma
Dieser Stoff trägt viele Namen und damit auch zur Verwirrung bei. Im Prinzip handelt es sich beim Romanit Jersey um einen Interlock-Jersey, der aus einem Gemisch aus Viskose, Polyester und Elasthan hergestellt wird. Dies verleiht ihm einige tolle Eigenschaften.
Verwendet für: Mode für Erwachsene, Kleider, Hosen, Shirts
Wolljersey
Wolljersey ist der ursprünglichste der Jerseys, waren doch die ersten Exportschlager der Insel Jersey aus reiner Schurwolle. Mittlerweile verkaufen sich auch Wolle-Acryl-Mischungen als Wolljerseys, ihre Eigenschaften sind aber recht ähnlich. Der Stoff wärmt sehr gut.
Verwendet für: Babystrampler, Kinderunterwäsche, generell warme Kleidung
Funktionsjersey
Diese Jerseyart wird aus Kunstfasern hergestellt (Nylon, Polyester) und eignet trocknet dadurch sehr schnell. Ansonsten ist er sehr elastisch und hat die gleichen figurbetonenden Eigenschaften wie Stretch-Jersey. Ein Nachteil ist, dass sich Schweißpartikel auf den Fasern ablagern. Man sollte ihn also häufiger waschen.
Verwendet für: Sportbekleidung, Leggings, Tops
Folienjersey
Zu guter Letzt dürfen in dieser Sammlung die Folienjerseys nicht fehlen. Diese Stoffe werden vor allem für Kostüme zu Karneval oder Halloween verwendet. Sie bestehen aus Kunstfaserfolien auf einer Trägerschicht und haben häufig sehr schimmernde Oberflächen, Schuppenmuster oder Paillettenimitationen.
Verwendet für: Karnevalskostüme, Partymode
Welcher Jersey ist denn nun der Richtige für mich?
Pauschal kann man die Frage nicht beantworten, da es ja wie eben erläutert, eine große Vielfalt an Jerseystoffen gibt. Es lohnt sich aber, die Materialien kennenzulernen um dann zu entscheiden, welchen man verarbeiten möchte. Einige Anwendungsbereiche ergeben sich alleine durch die Eigenschaften des Materials. Entsprechende Vorschläge haben wir daher mit im Artikel untergebracht. Darüber hinaus kann man aber auch viele Crossover-Projekte mit den unterschiedlichen Stoffen gestalten. Sei neugierig, lerne die Jerseys kennen und nutze die Vielfalt, die sie dir bieten.