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Der Spitzname
Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
2,0
lau
Der Spitzname
Die Fortsetzung von "Der Vorname" und "Der Nachname" ist da!
Von Markus Tschiedert
Namen sind wie Schall und Rauch, das wusste schon der alte Goethe. Vielen Namen wird eine größere Bedeutung beigemessen, als ihnen zusteht. Andere sind schlichtweg provokativ, wenn sie im Kopf Assoziationen freisetzen, die es zu vermeiden gilt. Etwa die Überlegung, einem Neugeborenen ausgerechnet den Vornamen Adolf verpassen zu wollen. Daraus nährte sich 2010 schon das Pariser Theaterstück „Le Prénom“. Zwei Jahre später wurde es verfilmt, und nach weiteren sechs Jahren folgte ein deutsches Remake. Komödien-Spezialist Sönke Wortmann („Contra“) begeisterte mit „Der Vorname“ auch hierzulande ein Millionenpublikum, sodass es 2022 zu einer Fortsetzung kam, die natürlich „Der Nachname“ heißen musste. In Fall des Sequels allerdings ohne französische Originalvorlage, sondern von Drehbuchautor Claudius Pläging („Catweazle“) selbst ausgedacht.
Und weil aller guten Dinge bekanntlich drei sind, ließen sich alle Beteiligten vor und hinter der Kamera zu einem weiteren Nachschlag verleiten. Nun steht also „Der Spitzname“ auf dem Programm. Wobei es natürlich nicht wirklich um einen Spitznamen geht, denn wie schon bei „Der Nachname“ fehlt auch im dritten Teil nicht nur eine gesellschaftsrelevante Brisanz, sondern auch eine Bedeutung des Titels für den Plot. So wirkt die Namen-Trilogie endgültig arg erzwungen, zumal sie in ihrem womöglich letzten Akt kaum noch etwas Erzählenswertes anzubieten hat.
Diesmal soll geheiratet werden! Thomas Böttcher (Florian David Fitz) und Anna Wittmann (Janina Uhse) wollen es wagen und haben die Familie in das winterliche Tirol eingeladen. Thomas‘ Schwester Elisabeth Berger-Böttcher (Caroline Peters) und Schwager Stephan Berger (Christoph Maria Herbst) sind endlich auch im Luxushotel angekommen, wo Mutter Dorothea (Iris Berben) per Smartphone ständig im Kontakt mit René König (Justus von Dohnányi) steht, der später dazukommt. Einst war René ihr Pflegesohn, jetzt ist er ihr Ehemann, mit dem sie inzwischen sogar Zwillinge von einer Leihmutter hat.
Dann sind da noch die Kinder von Elisabeth und Stephan: Der 18-jährige Cajus (Jona Volkmann) und seine ein Jahr jüngere Schwester Antigone (Kya-Celina Barucki) fühlen sich aber ziemlich fehl am Platz. Denn die Alten streiten und stänkern permanent. Besonders Stephan und Thomas geraten immer wieder aneinander. Dabei kommt heraus, dass der miesepetrige Stephan als Uni-Dozent suspendiert wurde, der karrieregeile Thomas wiederum auf eine Beförderung in den Vorstand seiner Immobilienfirma hofft. Die Bredouille, in die sich Thomas durch seinen Ehrgeiz gebracht hat, gefährdet allerdings die geplante Hochzeit…
Es wird wieder gestritten
In all diesem Chaos beichtet irgendwann auch Cajus – und wir erfahren nebenbei, was es mit dem titelgebenden Spitznamen auf sich hat. Für den Plot ist diese Erklärung zwar völlig belanglos, aber vielleicht hätte aus dieser angedeuteten Nebenhandlung sogar die interessantere Geschichte entstehen können. Auch was Stephan und Thomas von ihren früheren Fehltritten berichten, klingt das eigentlich viel unterhaltsamer als die Wortgefechte, mit denen sich das achtköpfige Ensemble nun 90 Minuten lang durch die Räumlichkeiten der noblen Hotelanlage streitet.
Gewiss, die verbalen Konfrontationen sind geschliffen-scharf ausformuliert, besonders wenn einem wortgewandten Schauspieler wie Christoph Maria Herbst („Stromberg“) gehässige Worte in den Mund gelegt werden. Nach seiner mal ganz anderen Rolle in „Der Buchspazierer“ trumpft der „Stromberg“-Star hier einmal mehr als Ekelpaket auf. Und auch den anderen ist eine spielerische Lust anzumerken, einander an die Kandare zu nehmen.
Nichtsdestoweniger wird es schnell nervig, sogar ermüdend, wenn immer wieder dieselben überstrapazierten Themen auf den Tisch kommen. Da wird um verstaubte Geschlechterrollen palavert, was zwangsläufig zu Sinn oder Unsinn der Gendersprache führt – womöglich um dem dürftigen Drehbuch überhaupt noch einen gesellschaftsrelevanten Kontext in der Tradition von „Der Vorname“ abzuringen. Besonders die Tochter agiert dabei übertrieben woke, was ziemlich aufgesetzt wirkt. Irgendwann fordert dann zwar mal jemand, man solle mal über etwas anderes reden. Hilft aber nichts, im nächsten Moment springt der Deckel wieder vom Topf, und weiter geht’s mit Spitzen, die geworfen werden, und Steinen, die zum Stolpern auffordern. Das gerät mitunter zu einem Spiel der Schadenfreude, etwas Fremdschämen ist auch dabei – alles zum Vergnügen des Publikums gedacht und stets mit der Intention, sich mit der einen oder anderen Figur vielleicht sogar zu identifizieren.
Spiegelt diese Familie im Kleinen etwa die große Gesellschaft wider? Eher nicht. Vielmehr beschleicht einen das Gefühl, dass es nur das Abbild von Leuten ist, die aus ihrer Blase heraus argumentieren. Gut situierte Leute in angesehenen Berufen und mit genügend Geld, keine Alltagsmenschen, die sich von ihrem Lohn kaum noch die Miete leisten können, geschweige denn einen Kurztrip in einem First-Class-Hotel mitten in einer majestätischen Winterlandschaft. In „Der Nachname“ war ja schon die Urlaubsinsel Lanzarote Schauplatz des Geschehens, nur „Der Vorname“ blieb in der Nähe von Bonn bescheiden auf dem Boden der Bourgeoisie. Die Sorgen und Nöte von Besserverdienenden wurden uns zuletzt ebenso in „Alles Fifty Fifty“ und „Eine Million Minuten“ auf tragikomische Weise nahegebracht. Zeichnet sich da ein neuer Trend ab, der auch einen Namen gebrauchen könnte? Wie wäre es mit „Die deutsche Wohlstandskomödie“?
Fazit: „Der Vorname“ glänzte mit treffsicheren Pointen. „Der Nachname“ war ganz passabel. „Der Spitzname“ jedoch wirkt nur noch wie angehängt. Auf mögliche Fortsetzungen wie „Der Zweitname“, „Der Doppelname“ oder „Der Geburtsname“ sollte man daher womöglich besser verzichten.
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